Alles, was Du über Bio-Baumwolle wissen solltest

Autor: Nicolas Perez-Diehl Zuletzt aktualisiert: 07.09.2023

Baumwolle ist der „Treibstoff“ der modernen Modeindustrie: Knapp 50% aller Kleidungsstücke werden aus Baumwolle hergestellt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass auch Du gerade ein T-Shirt, eine Jeans, eine Unterhose oder eine Jacke aus Baumwolle trägst, ist also ziemlich hoch.

Da es sich um einen natürlichen, nachwachsenden Rohstoff handelt, erscheint die Verwendung von Baumwolle zunächst recht sinnvoll und nachhaltig.

Durch den riesigen Bedarf ist der konventionelle Anbau jedoch alles andere als umweltfreundlich…

Eine Alternative: Bio Baumwolle.

Was biologische Baumwolle auszeichnet, worauf Du beim Kauf achten solltest und welche Siegel es gibt, verraten wir Dir in diesem Artikel!

Die wichtigsten Fragen zu Bio-Baumwolle auf einen Blick

Ist Bio-Baumwolle besser?

Ja, Bio-Baumwolle ist grundsätzlich besser als herkömmliche Baumwolle. Insgesamt wird weniger Wasser verbraucht. Außerdem werden keine Pestizide oder chemischen Düngemittel eingesetzt, die den Boden langfristig stark belasten können.

Warum ist Bio-Baumwolle gut?

Bio-Baumwolle ist gut für die Umwelt, die Produzenten bzw. Bauern und die Verbraucher: Durch die Einhaltung der Richtlinien für ökologischen Anbau wird die Umwelt geschont. Die Bauern profitieren u.a. von einem größeren Ertrag und einem geringeren Gesundheitsrisiko. Als Verbraucher profitierst Du ggf. von einer besseren Hautverträglichkeit der Kleidung.

Ist Bio-Baumwolle umweltfreundlich?

Ja und Nein – auch Bio-Baumwolle ist nicht vollständig umweltfreundlich. Obwohl der Anbau von Bio-Baumwolle im Gegensatz zu herkömmlich angebauter Baumwolle weniger Wasser verbraucht, ist und bleibt der Anbau sehr wasserintensiv.

Was ist Bio Baumwolle?

Bio Baumwolle wird nach den strengen Vorgaben des ökologischen Landbaus angebaut.

Im Gegensatz zu herkömmlich angebauter Baumwolle dürfen die Pflanzen gentechnisch nicht verändert sein. Darüber hinaus kommen keine Pestizide und chemischen Düngemittel zum Einsatz.

Ziel des Bio-Anbaus ist es, die Fruchtbarkeit der Böden langfristig aufrechtzuerhalten und sowohl die Natur als auch den Menschen zu schützen. Durch die Ernte per Hand wird zudem eine sehr hohe Qualität der Fasern sichergestellt, die mit maschineller Ernte nicht erreicht werden kann.

Was die Bio Baumwolle ausmacht und welche Vorteile sie bietet, schauen wir uns in den nächsten Absätzen noch einmal genauer an…

Tipp: Du bist eher so der Leder-Typ? Auch hier gibt es nachhaltige Alternativen – z.B. Piñatex, ein Leder aus Ananasblättern!

Bio-Baumwolle: Vorteile & Eigenschaften

Verzicht auf Pestizide & chemische Düngemittel

Beim Anbau von Bio-Baumwolle ist der Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln verboten. Um Schädlinge von den Pflanzen fernzuhalten, werden andere Methoden angewandt.

Eine Strategie besteht z.B. darin, in unmittelbarer Nähe zu den Baumwollfeldern andere Pflanzen anzubauen, die potentielle Schädlinge auf sich ziehen (z.B. Sonnenblumen).

Der Verzicht von Pestiziden ist jedoch nicht nur für die Pflanzen und die Felder, sondern auch und vor allem für die Baumwoll-Bauern von Vorteil. Es ermöglicht ihnen, Obst und Gemüse neben den Baumwollfeldern anzubauen.

Wenn Früchte übrig bleiben, die die Bauernfamilien nicht selbst verwerten, können sie verkauft werden. Durch diese zusätzliche Einnahmequelle machen sie sich ein Stück weit unabhängiger vom Baumwollanbau.

Darüber hinaus kommt es durch den Kontakt mit giftigen Pestiziden auch immer wieder zu Todesfällen.

Thombiano Tantena, eine Bio-Baumwollproduzentin aus Burkina Faso, fasst die Vorteile von Bio Baumwolle zusammen:

„Unsere Nahrung wächst direkt neben Baumwollfeldern – als wir noch Pestizide eingesetzt haben, konnten wir für eine Woche lang nicht das Feld betreten. Mit dem Anbau von Bio-Baumwolle können wir nun ohne Angst die Früchte der Bäume essen […].“[1]

Der Umstieg vom Anbau herkömmlicher Baumwolle auf den Anbau von Bio-Baumwolle ist allerdings ein langfristiger Prozess. In der Regel dauert es rund drei Jahre, bis der Boden frei von Pestiziden und Chemikalien ist.

Einsatz von natürlichem Dünger

Um die Fruchtbarkeit der Böden aufrechtzuerhalten und zu fördern kommen natürliche Dünger wie etwa Kompost und Mist zum Einsatz (also: „organische Masse“). Im Gegensatz zum Einsatz von chemischen Düngern erhöht sich dadurch der Humusanteil in der Erde.

Auf diese Weise kann der Boden mehr Wasser speichern. Das Risiko einer Erosion kann so effektiv gesenkt werden – die Fruchtbarkeit des Bodens und damit auch die Ertragsleistung bleibt langfristig erhalten.

Dr. Monika Messmer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) erklärt:

Der Einsatz von natürlichem Dünger „führt auch dazu, dass die Böden eine bessere Bodenstabilität haben, dass bei den Starkregen im Monsun nicht zu viel Boden abgeschwemmt wird und dass auch das Wasser länger gehalten werden kann im Boden.“[2]

Ernte per Hand

Für die Ernte von konventionell angebauter Baumwolle kommen – insbesondere bei großflächigem Anbau – moderne Baumwollerntemaschinen zum Einsatz.

Das Problem: die meisten Maschinen können nur laubfreie Pflanzen abernten. Aus diesem Grund werden oft chemische Entlaubungsmittel eingesetzt. Beim Anbau von Bio-Baumwolle ist der Einsatz solcher Mittel verboten. Die Ernte erfolgt daher per Hand.

Neben der geringeren chemischen Belastung der Pflanzen weist handgepflückte Baumwolle fast immer auch eine bessere Qualität auf.

Das liegt daran, verklebte und/oder verfärbte Fasern per Hand sofort aussortiert werden können. Weiterhin werden kleine Pflanzenteile wie etwa Stengel oder Blättchen direkt entfernt. Die maschinelle Ernte ist dagegen technisch bedingt weniger akkurat.

Ein geringerer Wasserverbrauch?

Da Baumwolle fast ausschließlich in sehr warmen bzw. trockenen Regionen der Erde angebaut wird, verbraucht der Anbau sehr viel Wasser. Um ein Kilogramm Baumwolle zu produzieren, werden bis zu 11.000 Liter Wasser benötigt – ein herkömmliches Baumwoll-T-Shirt schlägt daher mit knapp 2.700 Litern Wasser zu Buche.

Der Verzicht auf Chemikalien und gentechnisch veränderte Pflanzen reduzieren den Wasserverbrauch beim Anbau von Bio-Baumwolle. Darüber hinaus stammt die „Öko-Baumwolle“ zu großen Teilen von kleinen Betrieben, die eher auf das natürliche Regenwasser als auf eine künstliche Bewässerung setzen.

Laut einer Studie der Organisation Textile Exchange verbraucht der Anbau von Bio Baumwolle gegenüber dem herkömmlichen Anbau 91% weniger „blaues Wasser“ (also Wasser aus künstlicher Bewässerung).

Die Aussage, dass der Anbau von Bio Baumwolle auch automatisch Wasser spare, ist allerdings nicht ganz unumstritten.

Frau Dr. Messmer ist beispielsweise der Ansicht, dass der Wasserverbrauch maßgeblich von der Pflanzensorte abhängt. Ihrer Meinung nach lässt sich keine pauschale Aussage darüber treffen, ob Bio Baumwolle weniger Wasser verbraucht als herkömmliche Baumwolle.[2]

Keine Monokulturen durch sinnvolle Fruchtfolge

Monokulturen können den Ertrag kurzfristig erhöhen. Langfristig haben sie jedoch gravierende Folgen für die Umwelt: Monokulturen hinterlassen unbrauchbare Böden und verringern die Vielfalt von Flora und Fauna.

Die Lösung: ein regelmäßiger Fruchtwechsel bzw. die Befolgung einer sinnvollen Fruchtfolge. Dabei werden abwechselnd unterschiedliche Pflanzen angebaut.

Durch diesen regelmäßigen Wechsel können sich im Boden viele verschiedene Nährstoffe ansammeln, wodurch im Idealfall sogar der effektive Ertrag steigt. Außerdem sinkt das Risiko eines Befalls mit Krankheiten und Schädlingen.

Welche Pflanzen für eine Fruchtfolge infrage kommen, unterscheidet sich je nach den klimatischen Bedingungen im Anbauland. Im Falle der Bio-Baumwolle bieten sich etwa Mais, Hirse, diverse Hülsenfrüchte oder auch Getreidepflanzen an.[3]

In einem Video der Fairtrade-Initiative wird das Dilemma von Monokulturen noch einmal zusammengefasst:

„Monokulturen ermüden die Böden, was teurer Kunstdünger kompensieren soll. Kurzfristig steigert er zwar die Erträge, letztlich aber nur die Verödung. […] Der Kleinbauer verliert die Grundlage seiner Existenz.“[4]

Keine Gentechnik

Laut dem Umweltinstitut München e.V. stammen rund 70% (!) der konventionell angebauten Baumwolle von genmanipulierten Pflanzen. Im Jahr 2014 lag der Anteil an genmanipulierten Pflanzen in den USA bei unglaublichen 96%.[5]

Von den gentechnisch veränderten Pflanzen („Bt. Cotton“) erhoffen sich die Produzenten größere Erträge. Durch gezielte gentechnische „Optimierungen“ sind die Pflanzen beispielsweise resistent gegen bestimmte Schädlinge und auch Pestizide.

Die Felder können dann mit regelrechten „Giftduschen“ überzogen werden. Während die Baumwollpflanzen überleben, sterben alle anderen Pflanzen bzw. Lebewesen um sie herum ab.

Die Verbraucher bekommen davon nichts mit, denn der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen ist nicht kennzeichnungspflichtig.

Beim Anbau von Bio Baumwolle ist der Einsatz von Gentechnik nicht zugelassen. Und das aus gutem Grund:

Die Verwendung von genmanipulierter Baumwolle stürzt viele Bauern ins Unglück und verschlechtert ihre oftmals ohnehin schon schwierige Lage. Das Saatgut für gentechnisch veränderte Pflanzensorten ist beispielsweise in Indien viermal so teuer wie das Saatgut normaler Pflanzen.

Aufgrund der hohen Preise für Saatgut, zu schlechter Erträge, niedrigen Weltmarktpreisen und der subventionierten Konkurrenz aus Europa oder den USA geht die Rechnung für viele indische Bauern nicht auf.

Durch massive Verschuldungen begangen in den letzten zehn Jahren wohl über 200.000 indische Baumwollbauern Selbstmord.

In einem Bericht des ARD-Magazins „Weltspiegel“ erklärt der indische Baumwollbauer Raju Ganpat Rao:

„Durch die Einführung des Genprodukts sind die Anbaukosten explodiert, nicht aber die Erträge. Das setzt uns unter enormen Druck.“

Die These, dass die vielen Selbstmorde der Baumwollbauern ausschließlich auf die Einführung bzw. den Einsatz von genmanipulierter Baumwollpflanzen zurückzuführen sind, ist allerdings nicht ganz unumstritten.

In einer ausführlichen Untersuchung aus dem Jahr 2017, die von zwei Mitarbeitern der Universität in Löwen (Belgien) ausgearbeitet wurde, wird das Problem etwas differenzierter betrachtet.

Die Autoren schreiben zwar:

„However, there is a definite association between economic factors associated with Bt. cotton farming and farmer-suicide.“[6]

Allerdings lasse sich die prekäre Lage der Bauern nicht allein auf den Einsatz der Gen-Baumwolle zurückführen. Vielmehr sei die Situation das Ergebnis vieler verschiedener Faktoren.

Die Autoren nehmen beispielsweise auch die indischen Regierung in die Pflicht, für die Interessen der Bauern einzutreten. Momentan würden die Interessen des Marktes über die der Bauern gestellt – zumindest bis zur nächsten Wahlperiode.

Weiterhin müssten die Umstände immer auch vor dem Hintergrund einer fragilen indischen Demokratie betrachtet werden.

Was ist der Unterschied zwischen Baumwolle und Biobaumwolle?

Die Unterschiede zwischen Baumwolle und Bio-Baumwolle:

Kriterium Bio-Baumwolle Baumwolle
Verbot von chemischen Düngemitteln
Verbot von Pestiziden
Verbot von Gentechnik
Ernte per Hand
nachhaltiger Anbau (sinnvolle Fruchtfolge)

In diesem Bericht der SWR-Sendung „Marktcheck“ wird das Thema Bio-Baumwolle noch einmal aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet:

Welche Siegel gibt es für Bio-Baumwolle?

Immer mehr Hersteller und Marken kennzeichnen einzelne Kollektionen als „Nachhaltig“ bzw. versehen die Kleidungsstücke mit grünen Schildchen, die Nachhaltigkeit suggerieren sollen.

Da Begriffe wie z.B. „aus kontrolliert biologischem Anbau“, „Bio“ und „Öko“ gesetzlich geschützt sind, dürfen sie von Herstellern nur dann verwendet werden, wenn es sich auch wirklich um Bio-Baumwolle handelt. Auch der englische Begriff „Organic Cotton“ wird von vielen Marken gerne verwendet.

Allerdings steckt nicht hinter jeder Kennzeichnung mit „Nachhaltigkeit“ oder „Sustainable“ auch automatisch Bio Baumwolle. Diese kleinen grünen Hinweise können sich auch auf ganz anderen Aspekte beziehen (z.B. ein bestimmter Anteil an recyceltem Material).

Wenn Du beim Kauf sichergehen möchtest, solltest Du auf anerkannte und standardisierte Siegel / Labels achten.

Wir haben uns die bekanntesten Siegel näher angeschaut und zeigen, worauf es wirklich ankommt.

Klicke für weitere Informationen auf ein Siegel oder scrolle einfach weiter runter.

Better Cotton Initiative (BCI)

Die Better Cotton Initiative (BCI) ist eine globale Nichtregierungsorganisation, die sich das Ziel gesetzt hat, die Baumwollproduktion nachhaltiger zu gestalten.

Hinweis: Der Einsatz von Bio Baumwolle gehört nicht zu den Kriterien des Siegels. Kleidungsstücke, die das Siegel tragen, wurden also nicht zwingendermaßen aus Bio Baumwolle hergestellt.

Im Vordergrund stehen andere Aspekte, etwa eine möglichst wassersparende Arbeitsweise, die Förderung menschenwürdiger Arbeit und die Verringerung des Einsatzes von chemischen Düngern. Dennoch darf es sich bei der BCI-Baumwolle auch um genmanipulierte Pflanzen handeln.

Das Siegel ist jedoch nicht frei von Kritik.

Das BCI-System basiert auf dem Mengenausgleich. Dies führt dazu, dass die zertifizierte Baumwolle im Zuge der Weiterverarbeitung mit nicht-zertifizierter Baumwolle vermischt wird.

Wie viel BCI-Baumwolle in einem zertifizierten T-Shirt steckt, kann also nicht nachgeprüft werden.

Im Gegensatz zu anderen Siegeln konzentriert sich die Better Cotton Initiative nur auf den Anbau der Baumwolle – was mit dieser Baumwolle dann passiert, wird nicht verfolgt.

Der Manager einer indischen Baumwollfabrik erklärt freimütig:

„Der Vorteil des BCI-Systems besteht darin, dass man keine BCI-Baumwolle auf Lager haben muss […]. Das BCI-System ist nicht ans Endprodukt gekoppelt. Hauptsache wir haben eine Bestellung von 100 oder 100 Tonnen aufgegeben.“[8]

Sowohl für Fabriken und Produzenten entlang der Lieferkette als auch für die Modemarken ist das ein recht attraktives Modell. Interessant ist, dass zu den Gründungsmitgliedern der Better Cotton Initiative neben dem WWF u.a. auch Weltkonzerne wie Adidas, H&M, GAP und IKEA gehören.

GOTS (Global Organic Textile Standard)

Auf der Suche nach Mode, die aus Bio Baumwolle hergestellt wird, bietet das GOTS-Siegel eine gute Orientierung. GOTS steht für „Global Organic Textile Standard“ und ist laut eigener Aussage der weltweit führende Textilverarbeitungsstandard für Bio-Fasern.

Hinter dem Siegel steht die deutsche Global Standard gemeinnützige GmbH mit Sitz in Stuttgart.

Ein T-Shirt, das das GOTS-Label trägt, muss zu mindestens 70% aus Bio Baumwolle hergestellt sein. Wenn es sich um das Label mit dem Zusatz „Organic“ handelt, müssen es sogar 95% sein.

Ein großer Vorteil des Siegels ist, dass die gesamte Lieferkette berücksichtigt wird und man sich nicht nur auf einen Arbeitsschritt beschränkt.

Alle Stationen entlang der Wertschöpfungskette (Verarbeitung, Herstellung, Verpackung, Handel und Vertrieb) müssen nach ökologischen sowie sozialen Kriterien zertifiziert sein. Nur dann darf das Endprodukt das Siegel tragen.

Auch Siegelexpertin Brigitte Zietlow vom Umweltbundesamt hat eine hohe Meinung vom GOTS-Siegel:

„GOTS ist wirklich schon ein sehr vertrauenswürdiges Label – die gucken auch die ganze Kette an. Haben eben auch für die Chemikalien in der Verarbeitung Standards, sodass keine gefährlichen Chemikalien eingesetzt werden. Haben auch soziale Verantwortung mit in ihren Kriterien verankert.“[2]

IVN BEST (Naturtextil)

Das Siegel „IVN BEST“ wird vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) mit Sitz in Stuttgart vergeben.

Ähnlich wie beim GOTS-Siegel konzentriert man sich nicht ausschließlich auf den Anbau der Baumwolle, sondern berücksichtigt auch alle weiteren Produktionsstufen. Laut eigener Aussage übertreffen die Richtlinien des IVN sogar die Vorgaben des GOTS-Siegels.

In den offiziellen Richtlinien heißt es:

„Der Geltungsbereich dieses Standards umfasst die Verarbeitung, Konfektion, Verpackung, Kennzeichnung sowie Handel und Vertrieb von Textilien, die aus 100% ökologisch erzeugten Naturfasern bestehen.“[9]

Neben dem Anbau von Bio Baumwolle und dem Verbot giftiger Chemikalien deckt das Siegel auch soziale Standards ab.

Dazu gehören u.a. der Verbot von Kinderarbeit, ein fairer Lohn, die Sicherstellung von sicheren und hygienischen Arbeitsbedingungen sowie das Recht, Gewerkschaften zu gründen.

OCS (Organic Content Standard)

Der Organic Content Standard (OCS) wird von der Nichtregierungsorganisation Textile Exchange vergeben.

Es gibt zwei Varianten des Standards: beim „Organic 100“ enthält das Produkt mindestens 95% Bio Baumwolle, beim „Organic blended“ sind es nur mindestens 5%.

Bei Produkten, die „nur“ das OCS-Siegel „Organic blended“ tragen, kann der Anteil an Bio Baumwolle also 5%, aber eben auch 80% oder sogar 94% betragen. Aufgrund der riesigen Spanne ist diese Siegelvariante für die Aufklärung der Verbraucher recht ungeeignet.

Allerdings wird beim OCS-Siegel – im Gegensatz zum GOTS-Siegel – weder der Einsatz von Chemikalien noch die Einhaltung sozialer Standards berücksichtigt.

Im Vergleich zum BCI-Siegel, dass ausschließlich den Anbau im Blick hat, konzentriert sich das OCS-Siegel auf das Endprodukt. Um sicherzustellen, dass im Endprodukt auch wirklich das drin ist, was drauf steht, wird das Rohmaterial entlang der Lieferkette verfolgt.

Cotton made in Africa

Das Siegel „Cotton made in Africa“ (CmiA) wurde von der Aid by Trade Foundation mit Sitz in Hamburg ins Leben gerufen. Im Fokus des Siegels stehen vor allem der Schutz der Umwelt und faire Arbeitsbedingungen auf den Feldern und Verarbeitungsfabriken.

Hinweis: Der Anbau von reiner Bio Baumwolle gehört nicht zu den Kriterien des CmiA-Siegels.

Zwar ist der Anbau von genmanipulierter Baumwolle ein sogenanntes Ausschlusskriterium – allerdings dürfen die Pflanzen weiterhin mit Pestiziden behandelt werden. Weitere Ausschlusskriterien sind etwa (weitgehend) Kinderarbeit und der Einsatz von künstlichen Bewässerungsanlagen.

Getreu dem Motto „Aid by Trade“ setzt das CmiA-Siegel darauf, eine Nachfrage für nachhaltige Baumwolle zu generieren, mit der die (Klein-) Bauern in Afrika unterstützt werden.

Dieses Modell funktioniert: zu den Abnehmern zertifizierter CmiA-Baumwolle zählen u.a. die Otto Group, das Modelabel bonprix und die Tchibo GmbH.

Fairtrade Cotton

Das Siegel Fairtrade Cotton wird von TransFair e.V. vergeben und legt den Fokus auf die faire Produktion der Baumwolle. Die Bauern werden u.a. durch den Fairtrade-Mindestpreis unterstützt, der sie unabhängiger vom schwankungsanfälligen Marktpreis macht.

Entlang der gesamten Lieferkette müssen die beteiligten Unternehmen und Fabriken nachweisen, dass die sogenannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der UN eingehalten werden.

Hinweis: Der Anbau von Bio Baumwolle zählt nicht zu den Kriterien des Fairtrade Cotton-Siegels.

Die Bauern werden aber belohnt, wenn sie Bio Baumwolle anbauen – auch bei der Umstellung auf einen Bio-Anbau erhalten sie Unterstützung. Weiterhin ist der Einsatz von Gentechnik verboten und Pestizide und Dünger dürfen nur eingeschränkt genutzt werden.

Tipp: Auch im Kosmetikbereich spielen Siegel eine wichtige Rolle. Wir haben uns angeschaut, welche Siegel es für nachhaltige Kosmetik gibt.

Ist Kleidung aus Bio Baumwolle automatisch nachhaltig & fair?

Nein, das kann man so pauschal leider nicht sagen. Bei Kleidungsstücken aus Bio Baumwolle ist erst einmal nur sichergestellt, dass der Rohstoff (also die Baumwolle) nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus angebaut worden.

Das ist sehr gut, sagt zunächst aber nichts darüber aus, ob in der weiteren Verarbeitung Chemikalien zum Einsatz kommen oder ob alle Arbeiter entlang der Lieferkette fair bezahlt wurden.

Um z.B. ein T-Shirt wirklich als nachhaltig bezeichnen zu können, müssen alle Arbeitsschritte berücksichtigt werden.

Enrico Rima, Co-Founder des Unternehmens „Lebenskleidung“, weiß, was bei der Weiterverarbeitung alles schiefgehen kann:

„Du kannst eine geile Bio Baumwolle einfach auch […] mit […] Chemie färben… Du kannst sie nicht geil zusammennähen, weil Frauen dort ausgebeutet werden. Also der Faktor Mensch und die Ausbeutung und die [Abwälzung] von Umweltkosten sind die beiden größten Punkte.“[2]

Wenn Du beim Kauf von Kleidung sichergehen möchtest, dass alle Fasern, Knöpfe und Stoffe frei von Schadstoffen sind, solltest Du auf das Siegel „OEKO-TEX® STANDARD 100“ achten.

Denn noch immer werden bei der Herstellung von Kleidungsstücken teils giftige Chemikalien eingesetzt, die dann mit unserer Haut in Berührung kommen. Insbesondere bei neuen Kleidungsstücken werden die Giftstoffe sogar in die Umgebungsluft abgegeben.

Damit unsere Outdoor-Jacken z.B. schmutz-, wasser- und fettabweisend sind, werden beispielsweise sogenannte PFC (perfluorierte Kohlenwasserstoffe) eingesetzt.

Die Pharmazeutin Viola Wohlgemuth von Greenpeace erklärt, warum diese Stoffe problematisch sind:

„Das Problem mit den […] PFC ist, dass sie mittlerweile weltweit vorkommen. In der Produktion werden verbreiten sie sich über die Luftströme – wir finden sie an Orten, wo noch kein Mensch war […]. Es gibt keine Bakterien oder Pilze, die sie wieder abbauen können. […] Sie sind persistent, sie werden niemals wieder verschwinden. […]“[10]

Zwischenfazit: Bei Kleidung aus Bio Baumwolle stehen primär die Anbaubedingungen des Rohstoffs im Vordergrund. Man kann nicht automatisch davon ausgehen, dass die Kleidungsstücke auch unter fairen Arbeitsbedingungen und frei von giftigen Chemikalien hergestellt wurden!

Volle Kontrolle durch transparente Lieferketten

Um die Konditionen entlang der gesamten Lieferkette zu verbessern, muss im ersten Schritt die komplexe Logistik, die hinter der Produktion von Kleidungsstücken steht, transparent gemacht werden.

Denn nur wenn man genau weiß, wer die Kleidungsstücke zu welchem Zeitpunkt in der Hand gehabt hat, kann man die Arbeits- und Produktionsbedingungen an jeder einzelnen Station prüfen und ggf. optimieren.

Es gibt bereits fortschrittliche Unternehmen wie etwa das Label ELKLINE aus Hamburg, die nicht nur Bio-Baumwolle verwenden, sondern darüber hinaus auch die gesamte Lieferkette transparent gestalten.

Seit der Frühjahr- / Sommer-Kollektion 2019 können die Kunden in wenigen Schritten nachvollziehen, welche Stationen ein Kleidungsstück auf dem Weg in den Handel zurückgelegt hat. Dazu muss lediglich der QR-Code auf dem Etikett gescannt werden.

Ein Modell, das sich auch andere Labels und Mode-Ketten zum Vorbild nehmen sollten…

Hat Bio Baumwolle Nachteile?

Der Anbau von Bio Baumwolle hat zunächst sehr viele positive Effekte auf Mensch und Umwelt. Als (scheinbarer) Nachteil von Bio Baumwolle wird allerdings oft der höhere Preis angeführt.

Überraschenderweise ist Bio Baumwolle jedoch nur geringfügig teurer als konventionelle Baumwolle.

In einem Artikel des Magazins utopia.de rechnet Dr. Ulrich Hofmann (Mitgründer des nachhaltigen Labels „Brands Fashion“) vor, dass die Umstellung auf eine faire und umweltverträgliche Produktion bei einem 30 Euro teuren T-Shirt nur 33 Cent (!) pro T-Shirt ausmacht – vorausgesetzt, man kontrolliert die gesamte Lieferkette.

Für ein 30€ teures T-Shirt sieht die Rechnung wie folgt aus:

  • + 8 Cent pro T-Shirt für Fairtrade-Baumwolle
  • + 5 Cent pro T-Shirt als Prämie für die Fairtrade-Baumwollkooperative
  • + 20 Cent pro T-Shirt für GOTS-zertifizierte Bio-Baumwolle
  • = 33 Cent pro T-Shirt

Dass die Bio-Kleidung von kleineren Labels im Vergleich zu großen Konzernen wie etwa C&A trotzdem deutlich teurer ist, kann mit den riesigen Abnahmemengen der großen Modeketten erklärt werden. Durch große Stückzahlen lassen sich entsprechend große Rabatte aushandeln.

Darüber hinaus haben auch die Kosten der Arbeiter einen großen Einfluss auf den Verkaufspreis. Im Gegensatz zu großen Modeketten lassen viele kleinere Hersteller mit Fokus auf Nachhaltigkeit innerhalb der EU produzieren (z.B. in Portugal).

Zum Vergleich:

Der Mindestlohn liegt in Portugal mit 4,50€ pro Stunde zwar noch deutlich unter dem in Deutschland, aber immer noch weit über dem monatlichen (!) Mindestlohn in Bangladesch von umgerechnet gerade einmal 100€.

Das nachhaltige Label „SALZWASSER“ aus Hamburg setzt auf eine transparente Preisgestaltung und gibt auf den einzelnen Produktseiten an, wie sich der jeweilige Preis zusammensetzt.

Dabei wird noch einmal unterscheiden zwischen den Produktionskosten und der Kalkulation des eigentlichen Verkaufspreises. Für ein T-Shirt mit einem Verkaufspreis von 40€ sieht das dann so aus:

Produktionskosten: 9,47€ (23%)
Lohn: 8,00€ (20%)
Steuern: 6,40€ (16%)
Marketing: 4,00€ (10%)
Logistik: 3,20€ (8%)
Umwelt: 2,00€ (5%)
Zahlung: 1,56€ (3%)

Und so setzen sich die Produktionskosten von 9,47€ zusammen:

Material: 4,31€ (45%)
Löhne: 3,10€ (32%)
Trims: 1,23€ (12%)
Dekorationen: 0,48€ (5%)
Transport: 0,35€ (3%)

Warum setzen Luxusmarken nicht ausschließlich auf Bio Baumwolle?

An dieser Stelle drängt sich jedoch noch eine viel bedeutsamere Frage auf: Warum verwenden Luxusmarken, die T-Shirts für mehr als 400 Euro verkaufen, keine Bio-Baumwolle, wenn eine Umstellung pro Shirt weniger als 50 Cent ausmacht?

Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich enttäuschend:

Der oben bereits erwähnte Dr. Hofmann vermutet, dass die Hersteller vor einer Umstellung zurückschrecken, da es kompliziert ist, die teils äußerst komplexen Lieferketten vollständig umzukrempeln.[7]

Allerdings würde es insbesondere im Falle von Luxus-Brands vermutlich auch niemanden interessieren, wenn man für die Umstellung auf Bio Baumwolle pro T-Shirt ganze 5 Euro aufschlagen müsste…

Sich grundsätzlich über die absurden Preise von Designer-Kollektionen aufzuregen, ist sinnlos, da es hier nicht um die Kleidungsstücke an sich, sondern vielmehr um Kunst geht – Kunst bzw. Luxus ist irrational.

Viel sinnvoller ist die Frage, warum bei einem möglichst hochwertigen Produkt nicht auch auf möglichst hochwertige Materialien wie etwa Bio-Baumwolle gesetzt wird. Es gibt zwar immer wieder vereinzelte Stücke, die aus Bio Baumwolle gefertigt werden – dies ist aber längst nicht die Regel.

Gibt es Alternativen zu (Bio) Baumwolle?

Auch wenn Baumwolle streng ökologisch angebaut wird, ist und bleibt sie doch eine recht anspruchsvolle Pflanze. Aus diesem Grund schauen wir uns an, ob es brauchbare Alternativen gibt.

Hanf:
Neben ihren berauschenden Eigenschaften ist Hanf eine äußerst vielfältige Nutzpflanze. Bereits vor tausenden von Jahren stellten die Menschen aus den robusten Hanffasern u.a. Seile und Schiffssegel her. Erst im 19. Jahrhundert wurde Hanf als Rohstoff für Textilien von der Baumwolle verdrängt.

Durch diverse maschinelle Verarbeitungsschritte ist es heutzutage möglich, aus Hanffasern Kleidungsstücke herzustellen, die sehr ähnliche Eigenschaften wie Kleidung aus Baumwolle aufweist. Es gibt Materialmixe, die aus Hanf und Baumwolle hergestellt werden sowie auch reine Hanftextilien.

Leinen / Flachs:
Auch heute werden einige Produkte aus Leinen- bzw. Flachsfasern hergestellt – im Vergleich zur Baumwolle handelt es sich aber doch um einen Nischenstoff.

In der Regel werden Stoffgemische aus Baumwolle und Leinen angeboten, da der Leinenstoff relativ starr ist bzw. eine geringe Elastizität aufweist. Allerdings gibt es z.B. auch T-Shirts, die aus 100% Leinen hergestellt werden.

Tipp: Womit lässt sich ein Outfit aus Bio-Baumwolle perfekt ergänzen? Richtig: mit einer Armbanduhr, für die keine Tiere sterben mussten. Wir haben uns für Dich 6 Hersteller von veganen Uhren angesehen.

Zahlen & Daten zum Anbau von Bio Baumwolle

Wo wird Bio Baumwolle angebaut?

Laut dem Organic-Cotton-Market-Report 2022 der von der Organisation Textile Exchange veröffentlicht wurde, wird Bio Baumwolle in 21 verschiedenen Ländern angebaut.

Dabei entfallen 97% der Gesamtproduktion auf nur acht Länder:

Indien (38%)
Türkei (24%)
China (10%)
Kirgisistan (9%)
Tansania (6%)
Kasachstan (4%)
Tadschikistan (4%)
USA (2%)

Entwicklung des Bio-Anbaus

In den letzten Jahren ist der Anteil an Bio Baumwolle auf dem Weltmarkt erfreulicherweise immer weiter gestiegen. In der Saison 2010/11 war die Produktion ökologischer Baumwolle zunächst enorm eingebrochen.

Kritiker der Better Cotton Initiative begründen diesen Einbruch mit der Einführung des BCI-Siegels (im Jahr 2011 wurde das erste mal BCI-zertifizierte Baumwolle geerntet).

Zwar fällt die offizielle Einführung des BCI-Siegels in das Jahr des Einbruchs – konkrete Beweise für einen Zusammenhang gibt es allerdings nicht. Erst seit der Saison 2017/18 ist wieder ein deutlicher Anstieg des Bio-Anbaus zu beobachten.

Die weltweite Produktionsmenge verzeichnete von der Saison 2017/18 zur Saison 2018/19 einen tollen Anstieg von 32,57%.

In Bezug auf die Gesamtmenge der produzierten Baumwolle beträgt der Anteil an Bio Baumwolle jedoch immer noch nur knapp 1% (Gesamtmenge 2018 weltweit: 24.651.687 Tonnen).

So sieht die Entwicklung der letzten 13 Jahre aus:

Saison Tonnen
2019/20 249.153
2018/19 239.787
2017/18 180.871
2016/17 117.525
2015/16 107.980
2014/15 112.488
2013/14 117.034
2012/13 106.557
2011/12 138.813
2010/11 152.234
2009/10 242.722
2008/09 209.950
2007/08 145.872
2006/07 57.924

Quelle: https://textileexchange.org/wp-content/uploads/2021/07/Textile-Exchange_Organic-Cotton-Market-Report_2021.pdf

Allgemeine Zahlen & Daten

Hier findest Du noch einmal einige interessante Eckdaten auf einen Blick (bezogen auf die Saison 2019/20):

  • 229.280 registrierte Bio-Bauern

  • 588.425 Hektar zertifiziertes Bio-Land

  • 249.153 Tonnen Bio-Baumwolle

  • 21 verschiedene Anbauländer

Quelle: https://textileexchange.org/wp-content/uploads/2021/07/Textile-Exchange_Organic-Cotton-Market-Report_2021.pdf

Wie wird Baumwolle angebaut?

Bei der Baumwollpflanze handelt es sich eigentlich um eine sehr robuste bzw. langlebige Pflanzenart. Um den größtmöglichen Ertrag zu erzielen, wird die Baumwolle heutzutage in der Regel als einjährige Pflanze angebaut.

Das heißt: nach der Ernte werden die verbliebenen Pflanzenteile „geschlegelt“ (gemäht) und neue Samen eingesetzt.

Die Anbau- und Erntezeit variiert je nach Standort. Die Aussaat findet meist zu Beginn des Jahres statt (Anfang Februar bis April). In Burkina Faso wird die Baumwolle dann z.B. zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember geerntet.

Da sich die Kapseln erst nach und nach öffnen, sind bei der Ernte per Hand meist mehrere Durchgänge nötig, um das ganze Feld vollständig abzuernten.

Bei der maschinellen Ernte muss hingegen gezwungenermaßen ein Kompromiss zwischen unreifen, reifen und überreifen Kapseln eingegangen werden (was sich auf die Qualität auswirkt).

Die Baumwollpflanze ist von Natur aus sehr anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Beim großflächigen Anbau von Monokulturen wird dieser Umstand noch verschlimmert. Die Folge ist ein hoher Bedarf an Pestiziden und Insektiziden.

Alleine für den herkömmlichen Anbau von Baumwolle werden unglaubliche 16% der weltweit eingesetzten Pestizide aufgewendet! Jedes Jahr wird ein Feld im Durchschnitt 20 mal mit giftigen Mitteln besprüht.[14]

Angebaut wird die Baumwolle inzwischen auf allen 5 Kontinenten. Mit jährlich mehr als 6 Millionen Tonnen (2018) ist China noch vor Indien und den USA der Baumwollproduzent Nr. 1.[15]

Der Großteil der Baumwolle wird in den tropischen und subtropischen Gebieten innerhalb des sogenannten Baumwollgürtels angebaut (43. Grad nördliche Breite bis 36. Grad südliche Breite).

Von der Baumwolle zum T-Shirt in 8 Schritten

Der Weg von der Ernte bis zum fertigen Kleidungsstück ist sehr lang. Im folgenden schauen wir uns die einzelnen Arbeitsschritte im Detail an:

1 – Ernte: Die Baumwolle wird auf dem Feld geerntet – bei Bio Baumwolle findet die Ernte ohne maschinelle Hilfe per Hand statt.

2 – Entkernung Im zweiten Schritt wird der Samen aus den rohen Baumwollbüscheln entfernt. Bevor die entkernten Fasern weiterverarbeitet werden können, werden sie zu festen Ballen gepresst.

3 – Reinigung: In der Spinnerei angekommen, wird die Baumwolle zunächst in mehreren Stufen gereinigt.

4 – Spinnen: Mithilfe moderner Maschinen wird die Baumwolle nun mehrmals gesponnen, bis aus den fluffigen Fasern ein feiner Garn wird.

5 – Weben & Stricken: Im fünften Schritt wird das Garn zu großen Stoffbahnen gewebt und gestrickt.

6 – Färben: Die Stoffbahnen werden dann abhängig vom Endprodukt gefärbt.

7 – Zuschneiden & Nähen: Die gefärbten Stoffe werden nun passend zurechtgeschnitten und zusammengenäht.

8 – Fertigstellung & Versand: Die fertigen Kleidungsstücke werden auf Fehler geprüft, gebügelt und für den Versand an (Groß-) Händler verpackt.

Die einzelnen Arbeitsschritte kannst Du Dir auch noch einmal in diesem Video des Fairtrade-Kanals anschauen.

Welche Folgen hat der herkömmliche Anbau von Baumwolle?

Der herkömmliche Anbau von Baumwolle hat gravierende Folgen für die Umwelt und für die Menschen, die am Anbau beteiligt sind. Das liegt insbesondere am enormen Wasserverbrauch und dem Einsatz von giftigen Pestiziden.

Um zu verstehen, was der massenhafte Anbau von Baumwolle mit der Natur macht, lohnt sich ein Blick nach Usbekistan. Mit über 700.000 Tonnen Baumwolle (2018) ist das Land einer der 10 größten Baumwollproduzenten der Welt.

Als direkte Folge des enorm hohen Wasserbedarfs ist der Aralsee im Westen des Landes in den letzten Jahrzehnten auf einen Bruchteil seiner Größe geschrumpft.

In einem Bericht von „Galileo“ äußert man sich von offizieller Seite folgendermaßen:

„Der Grund für die Austrocknung des Aralsees ist, dass in den alten Zeiten während der UdSSR sehr viel Baumwolle angebaut wurde […]. Der See wird hauptsächlich aus zwei Flüssen gespeist […]. Als dann das neue Ackerland aus den Flüssen heraus bewässert wurde, floss kein Wasser mehr in den See.“[11]

Hier kannst Du Dir den ganzen Bericht anschauen (ab Minute 5:05 geht es um den Aralsee).

Der Einsatz von Pestiziden verseucht langfristig nicht nur die Böden, sondern schadet auch den Menschen. Nicht selten werden giftige Chemikalien von den Bauern barfuß und ohne entsprechende Schutzkleidung auf die Felder gesprüht – teilweise kommt es durch den Kontakt mit den Pestiziden sogar zu Todesfällen.

Auch die Frauen und Männer, die das „weiße Gold“ auf den Feldern ernten, kommen mit den Pestiziden in Kontakt.

Laut der Vizepräsidentin der Landarbeitergewerkschaft in Gujarat (Indien) kann der Kontakt mit Pestiziden bei der Ernte u.a. zu Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Übelkeit, Gliederschmerzen und bei Frauen sogar zu unregelmäßigen Menstruationszyklen führen.[12]

Der massive Einsatz von Pestiziden hat neben den direkten Auswirkungen auf die Felder auch indirekte Folgen für unsere Umwelt.

Die Journalistin Kirsten Brodde weist in einem Interview mit der „taz“ beispielsweise auf den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bei der Produktion von Pestiziden und Mineraldüngern hin.

Sie erläutert:

„Allein um ein Damen-T-Shirt herzustellen, werden aus diesem und anderen Gründen 5 bis 7 Kilogramm CO2 fällig. Für ein schweres Herren-T-Shirt sind es sogar 7 bis 9 Kilo.“[13]

Zusammenfassung

Die einzige wirklich effektive Maßnahme, die Umwelt zu schonen, besteht darin, möglichst gar keine neue Kleidungsstücke zu kaufen bzw. auf Second-Hand Mode umzusteigen.

Allerdings ist Mode aber auch ein unentbehrliches kulturelles Element und Bestandteil unserer Identität. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass wir umdenken und unser Konsumverhalten anpassen müssen.

Ein erster und wichtiger Schritt besteht darin, der Mode wieder einen angemessenen und realistischen Wert zuzuschreiben.

Durch T-Shirts, die weniger Kosten als eine Packung Kaugummi ist das Preis- und Wertgefüge ordentlich aus dem Gleichgewicht geraten.

Mode hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem nahezu wertlosen Gebrauchsgegenstand entwickelt, das von uns im Vorbeigehen gekauft wird und nach einmal tragen im Schrank versauert.

Wie so oft liegt es zu einem großen Teil an uns Verbrauchern, die aktuelle Lage zu ändern. Nur wenn die Nachfrage nach nachhaltiger Kleidung steigt, die aus Bio Baumwolle und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wird, kann sich langfristig etwas ändern.

Quellen:

  1. [1] https://www.youtube.com/watch?v=9K4DNx7Wi84
  2. [2] https://www.youtube.com/watch?v=e0cHowpnQV8
  3. [3] https://www.dw.com/downloads/52207229/fsbwohnechemie.pdf
  4. [4] https://www.youtube.com/watch?v=T9C3JiXHq8Y
  5. [5] http://www.umweltinstitut.org/fragen-und-antworten/bekleidung/baumwolle-und-gentechnik.html
  6. [6] Thomas, G., De Tavernier, J. Farmer-suicide in India: debating the role of biotechnology. Life Sci Soc Policy 13, 8 (2017). https://doi.org/10.1186/s40504-017-0052-z
  7. [7] https://utopia.de/shirts-for-life-oeko-faire-mode-65396/
  8. [8] https://www.youtube.com/watch?v=x6ScpgC6liE
  9. [9] https://naturtextil.de/wp-content/uploads/2018/10/IVN_BEST_Version_6-1_2018.pdf
  10. [10] https://www.youtube.com/watch?v=kKHqWClSbYk
  11. [11] https://www.youtube.com/watch?v=rX3zSKdVxUo
  12. [12] https://www.youtube.com/watch?v=ndBpy0C0akQ
  13. [13] https://taz.de/Journalistin-ueber-Oekokleidung/!5167617/
  14. [14] http://www.umweltinstitut.org/fragen-und-antworten/bekleidung/anbau-von-baumwolle.html
  15. [15] https://de.wikipedia.org/wiki/Baumwolle#Wirtschaftliche_Bedeutung